Ende 1952. Bei Nacht und Nebel lässt Josef Stalin den jüdischen Schauspieler Itsik Sager direkt nach der Vorstellung aus dem Theater abholen und in seine Datsche bringen. Noch im Kostüm des König Lear und ohne Erklärung, warum. Langsam entspinnt sich im nächtlichen Gespräch der beiden alten Männer eine unwirkliche und verstörende Atmosphäre. Durchzogen von Metaphern und Szenen aus dem großen Shakespeare-Drama König Lear treten die Gräueltaten des Diktators zutage. Aber auch Itsik Sager hat sich, wie so viele, im Netz von Terror, Gewalt, Bespitzelung, Denunziation und Korruption verfangen. Auch er hat sich schuldig gemacht. Bis zuletzt ist nicht klar, wohin die nächtliche Scharade führt, bei der sich viel von der Person des gebrechlichen Diktators offenbart, aber auch genauso viel unausgesprochen bleibt.
Wie fühlt es sich an, plötzlich Grauen und Terror Auge in Auge gegenüberzustehen? Das Gewissen jedes Einzelnen steht auf dem Prüfstand. Aber greifen moralischen Kategorien überhaupt noch?
Gaston Salvatores Drama erhellt die Vergangenheit und verweist ebenso klar auf unsere Gegenwart. Willkür, Gewalt, und Unterdrückung gewinnen immer stärker an Raum, auch in europäischen, eigentlich demokratischen Gesellschaften. Haben wir aus der Geschichte gelernt und wie werden wir dieser Herausforderung begegnen?
Premiere 15.02.2020 – Theater Konstanz, Konstanz
Fotos © Bjørn Jansen